Altersgrenzen für Piloten / Altersdiskriminierung / Luftfahrt und Arbeitsrecht / von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Am 17.06.2009 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob tarifliche Altersgrenzen von 60 Jahren für Piloten durch einen sachlichen Grund im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) gerechtfertigt sind bzw. ob solche Regelungen gegen die Altersdiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG verstoßen (BAG 17.06.2009, 7 AZR 112/08 (A)).
In diesem Zusammenhang hat das BAG ausgeführt, dass es derartige tarifvertragliche oder einzelvertragliche Arbeitsgrenzenregelungen, die für Piloten von Verkehrsflugzeugen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Vollendung des 60. Lebensjahres vorsehen, als wirksam erachte, da sie der Gewährleistung der Sicherheit des Flugverkehrs dienten. Dieser Auslegung, an die das BAG auch nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungs-gesetzes (AGG) festhält, könnten allerdings die Vorgaben der Altersdiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG und/oder der allgemeine Grundsatz des Gemeinschaftsrechts über das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters entgegenstehen.
Das BAG ist davon ausgegangen, dass die Regelung der Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten auf medizinische Erfahrungswerte zurückgehe, nach denen das Cockpitpersonal überdurchschnittlichen psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt sei in deren Folge das Risiko altersbedingter Ausfallerscheinungen und unerwarteter Fehlreaktionen zunehme. Die Altersgrenze sichere daher nicht nur die ordnungsgemäße Erfüllung der Berufstätigkeit, sondern diene darüber hinaus dem Schutz von Leben und Gesundheit der Besatzungs-mitglieder, der Passagiere und der Personen in den überflogenen Gebieten. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit generell mit zunehmendem Alter größer werde.
Diese Umstände sieht das Gericht als hinreichende (Rechtfertigungs-)Gründe dafür an, dass die Beendigung der Arbeitsverhältnisse zu einem Zeitpunkt vorgesehen ist, in dem der Arbeit-nehmer noch keine Altersrente beziehen kann, weil das gesetzliche Rentenalter noch nicht erreicht ist. Nach Ansicht des BAG kann das Erreichen eines bestimmten Lebensalters wegen der vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeit zu einer Gefährdung wichtiger Rechtsgüter führen.
Die gemeinschaftsrechtlichen Fragen werden jedoch nur durch den Europäischen Gerichtshof verbindlich beantwortet werden können. Hinsichtlich der Auslegung und Anwendung der RL 2000/78/EG hat er in seinen Urteilen vom 22.11.2005 (C-144/04 - NZA 2005, 1345, 1347) und vom 16.10.2007 (C-144/04 - NZA 2007, 1219) deutlich gemacht, dass insoweit die Letztentscheidungskompetenz bei ihm liegt und nicht bei den Gerichten der Mitgliedstaaten.
Der Vorlagebeschluss eines obersten Bundesgerichtes wird jedenfalls eine große rechtsdogmatische Relevanz haben.


Eingestellt am 30.03.2010 von R. Gromes
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