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Abfindung Handelsvertreter / Provisionsanspruch und Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters gem. §§ 87 III, 89 b I HGB / von Fachanwalt für Arbeitsrecht in Darmstadt / Rechtsanwalt in Darmstadt
Der Grundgedanke des nachvertraglichen Ausgleichanspruchs gem. § 89 b I, II HGB besteht darin, die bei Vertragsbeendigung zutage tretende unbefriedigende Situation unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten zu lösen. Diese unbefriedigende Situation besteht grundsätzlich darin, dass der Handelsvertreter, der für das Unternehmen neue Kunden geworben hat, von der Vertragsbeendigung an diese von ihm geworbenen Kunden im Hinblick auf nachvertraglich zustande kommende Folgegeschäfte provisionsmäßig nicht mehr nutzen kann, während dieser Kundenstamm andererseits dem Unternehmer in Gestalt künftiger Gewinnaussichten verbleibt.
Dem Handelsvertreter sind Geschäfte mit selbst akquirierten Kunden provisionsmäßig nur so lange zu vergüten, als diese Geschäfte vor der Vertragsbeendigung abgeschlossen wurden und er mithin nach der Vertragsbeendigung - abgesehen von der Sonderregelung des § 87 III HGB - leer ausgeht.
§ 89 b HGB versucht mithin einen Interessenausgleich zwischen den Unternehmerinteressen und den Interessen des Handelsvertreters zu erreichen. Dies wird zum Ausdruck gebracht durch die Gegenüberstellung der Unternehmervorteile gem. § 89 b I Nr. 1 HGB einerseits und der Provisionsverluste des Handelsvertreters nach § 89 b I Nr. 2 HGB andererseits.
Allerdings ist der Anspruch auf Ausgleich gem. § 89 b II HGB der Höhe nach begrenzt. Er ist ohne Rücksicht auf den Umfang der infolge der Vertragsbeendigung entstehenden Vorteile bzw. Verluste auf eine durchschnittliche Jahresprovision, berechnet aus den letzten fünf Vertragsjahren, beschränkt. Dem Handelsvertreter kann somit auch dann kein höherer Ausgleich zustehen, wenn der Unternehmervorteil einerseits und die Provisionsverluste andererseits den Betrag einer durchschnittlichen Jahresprovision oder sonstigen Jahresvergütung, berechnet aus den letzten fünf Jahren, rechnungsmäßig überschreiten.
Der Sinn des Ausgleichsanspruchs liegt also maßgeblich darin, dem Handelsvertreter für einen auf seine Leistung zurückzuführenden, ihm aber infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht mehr vergüteten Vorteil des Unternehmers, wie er in der Nutzung seines Kundenstammes liegt, eine weitgehend durch Billigkeitsgesichtspunkte bestimmte und über die bisher gezahlten Provisionen hinausgehende zusätzliche Gegenleistung zu verschaffen (vgl. BGH WM 1992, 825, 828).
Der Ausgleichanspruch gem. § 89 b HGB stellt letztlich ein Entgelt für die Schaffung eines Kundenstammes dar. Der Ausgleichanspruch ist deshalb kein reiner Vergütungsanspruch wie der Provisionsanspruch, vielmehr sollte mit dem Ausgleich ein Beitrag zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und sozialen Absicherung der Handelsvertreter geleistet werden
(vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.08.1995 = WM 1995, 1761).
Der Ausgleichsanspruch entsteht im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung. Anspruchsberechtigt sind hauptberufliche Handelsvertreter, Vertragshändler sowie Franchisenehmer.
Handelsvertreter ist jeder zur Vermittlung oder zum Abschluss von Geschäften im Namen und für Rechnung des vertretenen Unternehmens ständig Beauftragte, der seine Tätigkeit selbständig - haupt- oder nebenberuflich – ausübt.
Einem Handelsvertreter im Nebenberuf gem. § 92 b HGB steht ein Ausgleichsanspruch nach § 92 I Satz 1 HGB hingegen nicht zu.
Die Entstehung des Ausgleichsanspruchs hängt vom Vorliegen formeller und materieller Voraussetzungen ab. Die formellen Voraussetzungen sind die Vertragsbeendigung und die fristgerechte Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs. Die materiellen Voraussetzungen sind der Unternehmervorteil, der Provisionsverlust des Handelsvertreters und der Billigkeitsgrundsatz.
Für die Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs ist allein von den materiellen Anspruchsvoraussetzungen als Bemessungsgrundlage auszugehen. Die Ausgleichshöchstgrenze nach § 89 b II HGB stellt keine Bemessungsgrundlage dar (BGH BB 1997, 222). Sie dient allein der Begrenzung des Ausgleichsanspruchs auf eine durchschnittliche Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung bei Warenvertretern bzw. auf eine dreifache durchschnittliche Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung bei Versicherungs- und Bausparkassenvertretern.
Gem. § 89 b IV Satz 2 HGB ist der Anspruch innerhalb der jetzt auf 12 Monate festgesetzten Ausschlussfrist, deren Einhaltung im Prozess von Amts wegen zu berücksichtigen ist, geltend zu machen, auch wenn ihre Versäumung vom Unternehmer nicht gerügt wird. Deshalb empfiehlt sich die Schriftform. Die Geltendmachung kann auch schon vor der Vertragsbeendigung erfolgen; sie kann dann entfallen, wenn der Unternehmer die Ausgleichsberechtigung z. B. schon im Kündigungsschreiben dem Grunde nach anerkannt hat. Einer Bezifferung des Ausgleichsanspruchs bei der Geltendmachung bedarf es nicht.
Unabhängig vom Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB steht dem Handelsvertreter unter Umständen auch ein Anspruch auf sog. Überhangprovisionen gem. § 87 III HGB zu. Hierbei handelt es sich um solche Provisionen, die dem ausgeschiedenen Handelsvertreter aus solchen Geschäften zustehen, die bis zur Vertragsbeendigung provisionspflichtig abgeschlossen wurden.
§ 87 III HGB stellt eine Sonderregelung dar, deren Zweck darin liegt, den Handelsvertreter vor finanziellen Nachteilen zu schützen sowie die Vertragsverhältnisse schnell abzuwickeln.
§ 87 I Nr. 1 HGB knüpft den Anspruch auf Provision an den Abschluss von Geschäften während des Vertragsverhältnisses. Ohne Bedeutung ist nach dieser Vorschrift, ob das vermittelte Geschäft noch während oder erst nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses ausgeführt wird. Die Bestimmung begründet daher einen Provisionsanspruch auch für solche Geschäfte, die vor Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen, aber erst danach ausgeführt worden sind.
Es gibt drei Konstellationen, in denen ein nachvertraglicher Provisionsanspruch entstehen kann: Der Handelsvertreter muss ein Geschäft vermittelt oder es so eingeleitet und vorbereitet haben, dass der Geschäftsabschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, § 87 III S. 1 Nr. 1 HGB. Es wird also ein persönliches Tätigwerden und Mitverursachen des Handelsvertreters vorausgesetzt.
Außerdem hat der Geschäftsabschluss innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen Unternehmer und Handelsvertreter zu erfolgen. Ein äußerst relevanter Anspruch auf Provision ergibt sich aus § 87 III S. 1 Nr. 2 HGB, welcher verhindern soll, dass ein Unternehmer seine Provisionspflicht umgehen kann. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit einen Provisionsanspruch mit dem Nachfolger zu teilen, wenn dies der Billigkeit entspricht.
Es bleibt zu beachten, dass, der nachvertragliche Provisionsanspruch durch entsprechende Provisionsausschlussklauseln ausgeschlossen oder begrenzt werden kann. Allerdings lässt die Rechtsprechung den Ausschluss des nachvertraglichen Provisionsanspruchs durch (vorformulierte) Vertragsklauseln nur in bestimmten Fällen zu (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2009, Az.: VIII ZR 286/07).
Eingestellt am 31.08.2010 von R. Gromes
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